Der Freibadrichter

Eine strafrechtliche Posse aus dem Tollhaus

Bei der CDU liegen offensichtlich die Nerven blank. Die Angst vor den steigenden Umfragewerten der AFD treibt die CDU zu immer neuen Stilblüten und billiger Effekthascherei.

Der Freibadschnellrichter ist keine gute Idee.

STRAFRECHTSJOURNAL schickt voraus, dass wir politisch neutral sind. Die folgende Abhandlung ist kein politisches Statement. Allerdings sollte die Politik generell gewarnt sein, aus Effekthascherei den Rechtsstaat über Bord zu werfen. Die Bürger wünschen sich generell authentische Politik, die Probleme realistisch anpackt und keine polemischen Kampagnen.

STRAFRECHTSJOURNAL warnt eindringlich davor den Deutschen Rechtsstaat rechts- oder linkslastigen Parolen und Polemik auszusetzen. Der Deutsche Rechtsstaat ist neutral. Die Justitia behandelt alle Menschen gleich. Jeder hat das Recht auf ein faires Strafverfahren und eine angemessene Verteidigung. Ein rechtsstaatliches Verfahren benötigt eine angemessene Zeit.

Carsten Linnemann (45) der neue Generalsekretär der CDU gibt sich in einem Interview mit der BILD AM SONNTAG vom 16.07.2023 betont kämpferisch und lässt sich als „CDU-General Knallhart“ auf der Titelseite feiern. Dabei versucht er offensichtlich die AFD rechts zu überholen mit allerlei juristischen Plattitüden. Zunächst werden einige Klimakleber als Intensivtäter beschrieben und es werden längere Haftstrafen gefordert. Bezüglich der Gewaltkriminalität in den Freibädern fordert er: „Wer mittags im Freibad Menschen angreift, muss abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden“. Dieser Satz soll ihn offensichtlich als knallharten Macher qualifizieren und Wähler mit einer Polemik abholen, die rechtsstaatlich nicht ansatzweise durchzuführen ist und in dieser Kürze auch nicht wünschenswert ist. Hauptsache es wird schnell einer bestraft für das Genugtuungsgefühl der Bevölkerung. Aber zum Glück funktioniert unser Rechtsstaat bisher nicht so.

Es ist richtig, dass Strafverfahren in Deutschland oftmals sehr lange dauern und auch der Zeitraum zwischen der Tat und der Anklage oftmals mehrere Monate in Anspruch nimmt. Auch wird sicherlich manchmal extrem milde oder sogar zu milde geurteilt. Dies gilt es zu verbessern. Dieser Befund greift insbesondere bei Straftaten mit Gewalt gegen den Körper oder die sexuelle Selbstbestimmung. Auch ist es richtig, dass es gerade bei jungen Straftätern bis 21 Jahre besonders wichtig ist, dass die Straf- und Erziehungsmaßnahmen in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Straftat stehen. Die Strafe sollte sozusagen auf dem Fusse folgen. Die Idee die Verfahren zu beschleunigen verdient grundsätzlich Zustimmung, jedoch im angemessenen Rahmen.

Allerdings ist auch richtig, dass die gründliche Ermittlung durch die Polizei und die Staatsanwaltschaft – also z. B. die Identitätsfeststellungen, die Vernehmung von Zeugen und Opfern, Arztbefund von Verletzungen bei den Opfern, Auswerten von Videos, eine oder mehrere Beschuldigtenvernehmungen, Beschlagnahmen, etc.  – Zeit beansprucht und nicht in einem Tag oder einer Woche zu bewältigen ist.

Gründliche Ermittlungsarbeit ist einer der wesentlichen Eckpfeiler des Deutschen Rechtsstaates

Sie sollte nicht auf dem Altar einer verzweifelten Partei geopfert werden. Gerade eine Massenschlägerei lässt sich nicht an einem Tag aufklären.

Es geht nicht darum, den Ersten am Baum aufzuhängen“ wie im Wilden Westen, damit das Volk zufrieden ist,

sondern es geht darum, den oder die richtigen Täter schuldangemessen zu bestrafen. Dieser Befund gilt natürlich nicht nur im Freibad, sondern auch auf der Straße, in der Diskothek, auf der Kirmes, in der Schule, auf öffentlichen Plätzen und anderen Orten. Es müssen natürlich gleiche Verfahren geschaffen werden unabhängig vom Tatort.

Eine strafrechtliche Lex Schwimmbad ist nicht sinnvoll.

Einen Schnellrichter sinnbildlich gesprochen in einer Badehosenrobe auf dem Bademeisterstuhl einsatzbereit zu platzieren neben einem halbnackten Staatsanwalt und einem Strafverteidiger in Schwimmshorts, entbehrt jeder Grundlage und kann nur als polemische und hoffentlich nicht ernst gemeinte Effekthascherei qualifiziert werden.

Der Deutsche Rechtsstaat ist vielleicht das höchste Deutsche Staatsgut und genießt weltweites Ansehen. Er darf nicht aus politischen Nöten geopfert werden – auch nicht in einem Interview in dem sich ein frisch gebackener offensichtlich verzweifelter CDU-Generalsekretär als Macher darstellen möchte. Politisch erscheint genug Raum für die CDU, aber dieser sollte nicht rechts von der AFD gesucht werden auf Kosten des Deutschen Rechtsstaates.

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