Hubert Aiwanger Teil 1: Vergnügungsviertel Auschwitz
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) bezichtigt Hubert Aiwanger in Ihrer Wochenendausgabe vom 26./27.08.2023 (Seite 3) u. a. der folgenden Aussagen:
„1. Preis: ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“
„Vergnügungsviertel Auschwitz“
… das sollte der „Hubsi“ besser nicht gesagt haben
Antisemitismus in seiner schlimmsten Form
Das ist keine Jugendsünde … das wäre kriminell
Allerdings: wenn die SZ ihre Aussagen nicht belegen kann, wäre das ein krasser Fall von Verleumdung.
Was ist passiert?
Hubert Aiwanger ist ein Deutscher Politiker der Freien Wähler der es 2006 an ihre Spitze geschafft hatte, als die Freien Wähler noch keine Partei, sondern eine Ansammlung von „Andersdenkenden” war. Hubert Aiwanger ist seit November 2018 stellvertretender bayrischer Ministerpräsident und Wirtschaftsminister von Bayern.
Der „Hubsi“, wie ihn seine Fans liebevoll nennen, ist bisher bereits vor allem in Bierzelten und Marktplätzen mit strammen rechten Reden aufgetreten, die jeden AfD Politiker neidisch werden lassen, weil der „Hubsi“ offensichtlich die AfD auf der rechten Spur überholen möchte. Im Juni 2023 schrie Aiwanger in Erding seinen Fans zu: Die schweigende grosse Mehrheit müsse sich die Demokratie zurückholen… und … man muss denen in Berlin sagen, ihr habt ja wohl den Arsch offen da oben. Kurz danach sprach er in der Sendung von Markus Lanz von DIESEN Syrern, ruderte dann aber auf Nachfrage von Lanz zurück.
Hubert Aiwanger stellt sich damit in die extrem rechte Ecke und versucht – ähnlich wie andere rechte Politiker – durch eine verkürzte Darstellung von Wahrheiten, die Schuld für die ein oder andere Misere in die Schuhe von ausländischen Menschen, die in Deutschland leben zu schieben. Dabei wird leider selten im Detail unterschieden, warum und wieso es manche Probleme gibt. Einfache Lösungen verfangen leider bei einem bestimmten Publikum. Das soll im Umkehrschluss nicht heissen, dass es im Bereich der Migration nicht auch Einiges zu verbessern gäbe. Mit Plattitüden und dem Schüren von Vorurteilen jedoch ist auch niemand gedient.
So weit so gut oder nicht gut … aber jetzt geht der Fall Hubert Aiwanger in eine neue Stufe der Volksverhetzung und des Antisemitismus in seiner schlimmsten Form.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet in Ihrer Wochenendausgabe vom 26./27.08.2023 (Seite 3) von einem mit einer Schreibmaschine geschriebenen, Flugblatt, welches im Jahr 1987/88 am Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg aufgetaucht ist, der Schule wo Hubert Aiwanger in dieser Zeit in der 11. Klasse zur Schule gegangen ist. In diesem Schuljahr nimmt die Schule an einem Erinnerungswettbewerb Deutsche Geschichte teil. Das Flugblatt richtet sich offensichtlich gegen die Teilnahme der Schule an diesem Wettbewerb.
Die SZ behauptet in diesem Artikel folgendes:
„Die SZ hat mit rund zwei Dutzend Personen gesprochen, die Hubert Aiwanger aus dessen Schulzeit kennen, mit früheren Lehrkräften, früheren Klassenkameraden. Mehrere dieser Personen sagen, Aiwanger sei als Urheber dieses antisemitischen Pamphlets zur Verantwortung gezogen worden. Ein Lehrer, der damals dem Disziplinarausschuss angehörte, sagte der SZ, dieser habe Aiwanger als überführt betrachtet, da in seiner Schultasche Kopien des Flugblatts entdeckt worden waren. Ein anderer sagte, Aiwanger habe seine Urheberschaft nicht bestritten.”
Diese Aussagen der SZ haben nicht die Qualität eines Beweises, dass Hubert Aiwanger der Urheber des Flugblattes war. Das Beisichführen von Kopien und das Nichtbestreiten der Urheberschaft begründen ohne nähere Umstände kein Geständnis mit Beweisqualität. Vielleicht wollte Aiwanger den wahren Täter schützen oder nicht verraten. Hier kann nur spekuliert werden. Allerdings ist das Beisichführen von mehreren Kopien möglicherweise ein Indiz für eine Verbreitungsabsicht. Hier müsste der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden.
Das Flugblatt hat folgenden Inhalt:
Dieser Inhalt ist krass.
Sollte Hubert Aiwanger diesen Text tatsächlich verfasst haben oder sich den Inhalt durch Verbreitung von Kopien zu Eigen gemacht haben, wäre dies ein Skandal und ein Fall von Volksverhetzung nach Paragraph 130 StGB, der inzwischen strafrechtlich verjährt ist. Dabei trägt der Tatzeitraum 1987/88 als Hubert Aiwanger in der 11. Klasse war und ein Alter von 16/17 Jahren gehabt haben muss (geb. am 26.01.1971) wenig zur Entlastung bei im Angesicht dieser Aussagen in dem zitierten Text. Moralisch ist die Beteiligung an einem solchen Flugblatt, sei es als Autor oder Anstifter oder sei es als Beihelfer mit NICHTS zu entschuldigen.
Paragraph 130 StGB stellt explizit nicht nur die Urheberschaft, sondern auch das Verbreiten unter Strafe. Strafbar macht sich, wer einen solchen Inhalt verbreitet, der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter 18 Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht. Dieser Text zeigt eine konkludente Billigung und Verharmlosung der NS Verbrechen und zerstört den postmortalen Achtungsanspruch der in den KZ ermordeten Juden. Der Text des Flugblattes ist an Hass, Gehässigkeit, Niederträchtigkeit und Menschenverachtung kaum zu überbieten. Diesen als Jugendsünde abzutun würde der Sache nicht gerecht.
Sollte sich herausstellen, dass es einen anderen Urheber gegeben hat, müsste immer noch geklärt werden, warum Hubert Aiwanger Kopien davon in seiner Schultasche hatte. Eine Schlussfolgerung könnte sein, dass er sich den Inhalt zu Eigen gemacht hat und eine Verbreitung des Flugblattes beabsichtigt hatte. Hierzu sollte er sich erklären.
Sollte Hubert Aiwanger nachgewiesen werden, dass er sich diesen Inhalt zu Eigen gemacht hat, wäre er als Politiker in Verantwortung nicht mehr zu halten.
Allerdings: wenn die SZ ihre Aussagen nicht belegen kann, wäre das ein Fall von Verleumdung.
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