Opfer einer Vergewaltigung

„Es hat Dir doch Spass gemacht … wenigstens am Anfang”

„Warum musst Du auch im Minikleid in die Disco?”

„Warum bist Du überhaupt mitgegangen?

„Warum hast Du nicht Nein gesagt?”

„Warum hast Du Dich nicht gewehrt”

Warum eine Vergewaltigung besonders traumatisierend wirkt.

Eine rechtliche und psychologische Analyse.

Extrem entwürdigendes Exponieren des Körpers verbunden mit einem Eindringen

Eine Vergewaltigung wirkt aus vielerlei Gründen besonders traumatisierend, selbst wenn die Vergewaltigung nicht unbedingt mit einer Körperverletzung verbunden sein muss, obwohl Verletzungen oft hinzutreten. Von den meisten Menschen wird das erzwungene Exponieren der Geschlechtsteile und des Körpers allgemein als besonders entwürdigend empfunden. Deshalb werden z. B. bei militärischen und polizeilichen Verhören in autoritären Staaten die Opfer ausgezogen um sie maximal zu entwürdigen und einzuschüchtern. Bei einer Vergewaltigung kommt hinzu, dass diese mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist. Welches ebenfalls besonders entwürdigend ist.

Extreme Unsicherheit während der Vergewaltigung

Eine Vergewaltigung ist auch deshalb besonders traumatisierend, weil sie im Moment der Handlung selten überblickt werden kann. D.h. das Opfer befindet sich die gesamte Zeit – neben der Vergewaltigung selbst – in einem extrem unsicheren Zustand. Wie weit wird der Täter gehen? Dies gilt sowohl in zeitlicher Hinsicht wie auch in Hinsicht auf die Intensität. Das Vergewaltigungsopfer weiß nicht, wie lange es dauern wird und weiß auch nicht, ob noch weitere Handlungen wie zum Beispiel schwere Körperverletzungen oder der Tod hinzutreten werden. Das Opfer erlebt eine extreme Unsicherheit ggf. verbunden mit Todesangst.

Keine Zeugen, Aussage gegen Aussage

Hinzukommt, dass es sich um ein Delikt handelt, was oftmals unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Es gibt daher meistens wenig beziehungsweise keinerlei Zeugen Nicht zuletzt deshalb ist es am Ende sowohl in der strafrechtlichen Ermittlung wie auch vor Gericht eine Geschichte „Aussage gegen Aussage“. Dies führt dazu, dass das Opfer das Erlebte mehrmals sehr detailliert schildern muss; gegebenenfalls vor der Polizei, der Staatsanwaltschaft, Sachverständigen und dem Gericht. Das Opfer ist also gezwungen, das Erlebte mehrmals erneut psychisch zu durchleben. Dieser Umstand wird in der Regel nicht ausreichend beachtet. Das Opfer leidet bei jeder Erzählung neu. Verdrängtes wird immer wieder in Erinnerung gerufen. Teilweise werden neue Erinnerungen wachgerufen.

Keine lineare Erinnerung des Opfers

Entgegen der Annahme vieler Polizisten, Staatsanwälten und Richtern ist die Erinnerung kein linearer Vorgang, der schlicht chronologisch erzählt werden kann und jede Abweichung stellt einen Widerspruch dar. Es kann auch sein, dass bestimmte Phasen der Vergewaltigungsprozedur besonders schlimm empfunden werden und andere nicht so sehr. Die gesamte Phase der kriminellen Handlung ist für das Opfer eine emotionale Achterbahn mit ungewissem Ausgang.

Risiko, dass dem Opfer nicht geglaubt wird

Dabei trägt das Opfer das Risiko, dass bei einer Abweichung der Erzählung über den Tathergang der Vergewaltigung von der letzten Erzählung dies von der Verteidigung des Täters als Widerspruch gewertet wird, was zu erneuten Rückfragen führt. Das Opfer wird quasi gezwungen, die den Tathergang zu beweisen und aufgrund der vielen Rückfragen sehr detailliert mehrmals neu zu durchleben.

Das Opfer war doch einverstanden

Hinzu kommt, dass die Fragen immer auch in die Richtung zielen, ob das Opfer nicht einverstanden gewesen ist. Ein Einverständnis kann sich auch konkludent – also durch schlüssiges Verhalten – äußern durch entsprechende Signale, d.h. die Verteidigung wird alles tun um eine „Mitschuld“ des Opfers zu kreieren bis hin zu einer rechtfertigenden Einwilligung in die sexuelle Handlung. Das Opfer ist ggf. über Jahre stundenlangen Vernehmungen ausgesetzt, die die traumatische Erfahrung quasi Wiederholen. An dieser Stelle werden die Opfer meistens auch von massiven Selbstzweifeln gequält, ob sie nicht in irgendeiner Form eine Mitschuld tragen, durch vermeintliche Signale.

Unvermeidbare Körperreaktionen

Es ist in Einzelfällen möglich, dass das Opfer, obwohl es sich in einer Zwangslage befindet, auch körperliche Reaktionen zeigt, wie eine feuchte Scheide oder ein erigiertes Glied, obwohl das Opfer mit der Vergewaltigung oder der sonstigen sexuellen Handlung nicht einverstanden ist. Dieses sich fügen resultiert aus dem inneren Bedürfnis eines jeden Menschen aus einer Situation „das Beste zu machen“ und sich ggf. durch „Kooperation“ oder „kooperatives Verhalten“ aus der Situation zu befreien oder diese erträglicher zu machen und Schlimmeres zu verhindern. Dazu kommen extremer Stress des Opfers durch panische Angst. Dies ist z. B. zu beobachten bei dem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester oder in Internaten oder Gefängnissen, in denen die Opfer der Situation möglicherweise auf Jahre nicht entkommen können. Die Opfer fühlen in diesen Fällen auch eine extrem entwürdigende „Mitschuld“, die teilweise dem Täter ein besonderes Triumpfgefühl bereitet. „Wieso es hat Dir doch gefallen“, ist dann eine Rechtfertigung der Täter.

Desweiteren wird naturgemäß Für die meisten Menschen das Expo nie der Geschlechtsteile und des Körpers allgemein Als besonders entwürdigend empfunden dies umso mehr Als dass die Vergewaltigung mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist.

Social Media

Heutzutage kommt hinzu, dass viele Täter von der Tat ein Video in das Netz stellen. Dies hat natürlich den Vorteil das sich so Straftaten leichter beweisen lassen, aber es hat natürlich auch den Nachteil der Demütigung vor der Öffentlichkeit und dem gesamten Freundes- und Bekanntenkreis.

Der Triumpf der Täter

Wenn das Opfer einer Vergewaltigung, zum Beispiel im Gericht, dem Täter gegen übertreten muss, ist dieses in die Augen schauen, das erneute Erleben der Entwürdigung. Wenn es dann noch zu einem unberechtigen Freispruch kommen sollte ist das Opfer endgültig psychologisch zerstört.

Gruppenvergewaltigung

Eine Gruppenvergewaltigung hat das Potenzial für das Opfer ein maximales Trauma hervorzurufen. Diese sexuelle Exponierung des Körpers vor mehreren Tätern ist maximal entwürdigend und zerstört die Psyche des Opfers. In dem aktuellen Vergewaltigungsfall auf Mallorca im Hotel Occidental Playa de Palma (Juli 2023) kommt hinzu, dass das Opfer mit einem der Täter zunächst freiwillig mitgegangen ist. Insofern werden wahrscheinlich auch extreme Selbstvorwürfe beim Opfer vorhanden sein. Darin liegt ferner ein besonderer Vertrauensbruch, weil das Opfer dem ersten Täter insoweit zunächst vertraut hat. Für das Gericht besteht hier die Schwierigkeit einer angemessenen Verurteilung jedes einzelnen Täters nach seinem individuellen Schuldgehalt. Dies ist selbstverständlich für das Opfer eine doppelte Belastung, weil es hierzu auch sehr viele Fragen beantworten muss, wer wann was genau gemacht und gesagt hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Vergewaltigung – insbesondere wegen seiner psychischen Belastung für das Opfer – eine extreme Straftat ist, die das Opfer und sein Umfeld nachhaltig über Jahre, wenn nicht das ganze Leben schwer beeinträchtigen. Leider wird eine Vergewaltigung nicht immer angemessen bestraft, weil das ganze Ausmaß für das Leben des Opfers selten gesehen wird.

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