3 Jahre und 2 Monate Gefängnis für Alfons Schuhbeck

…. Starkoch oder Verbrecher?

… Gerechtigkeit im Namen des Volkes?

Der Aufstieg und der Abstieg des Starkochs Alfons Schuhbeck …

Der Aufstieg

Alfons Schuhbeck (73 Jahre alt) wurde am 02. Mai 1949 in Traunstein als Alfons Karg geboren. Nach seinem Wehrdienst, als er mit seiner Band „Scalas“ tourte, lernte er den Restaurant-Unternehmer Sebastian Schuhbeck kennen, der ihn zu einer Ausbildung als Koch motivierte und ihn später adoptierte. Der „neue“ Alfons Schuhbeck begann seine Karriere dann als Koch bei einem Restaurant von Sebastian Schuhbeck in dem Ort „Waging am See“ in der Nähe von Salzburg. Danach arbeitete Alfons Schuhbeck in Salzburg, Genf, Paris, London und München u. a. bei Feinkost Käfer und Dallmayr. Seit 1980 führte Alfons Schuhbeck das „Kurhausstüberl“ in Waging am See vom Dorfgasthaus zu einem Spitzenrestaurant und Treffpunkt für die VIP Gesellschaft. 1983 bekam er einen Michelin-Stern. 1989 wurde er vom Gault-Millau zum Koch des Jahres gewählt. Seit 1990 betreibt er auch einen Partyservice und Ende 1990 gründete er die Firma „Schuhbecks am Platzl GmbH“. Bis 2003 eröffnete er neben anderen Gastro-Unternehmen u.a. das Weinbistro „Orlando“ und das Restaurant „Schuhbecks in den Südtiroler Stuben“. Alfons Schuhbeck hatte ein kleines gastronomisches Imperium geschaffen. Er war durch zahlreiche Fernsehauftritte in ganz Deutschland bekannt. Zudem war er auch der Star-Koch für den FC Bayern München.

Der Abstieg

Im Zuge der Coronakrise musste Alfons Schuhbeck für seine Unternehmen Insolvenz beim Amtsgericht München anmelden. Seit dem 01. Juli 2021 wurde die Insolvenzverwaltung angeordnet.

Bereits 1994 wurde Alfons Schuhbeck wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe verurteilt.

Im November 2021 wurde erneut Anklage wegen Steuerhinterziehung vor dem Landgericht München I erhoben. Nach offiziellen Angaben des Gerichts hatte Alfons Schuhbeck zwischen 2009 und 2015 ca. 2,3 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Dabei waren seine Restaurants „Orlando“ und „ Südtiroler Stuben“ betroffen.

Am Donnerstag, den 27. Oktober 2022 wird Alfons Schuhbeck von der sechsten Wirtschaftsstrafkammer des Landgericht München I unter dem Vorsitz der Richterin Dr. Andrea Wagner zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten verurteilt.

Gemäß § 56 Abs. 2 StGB kann eine Freiheitsstrafe, die zwei Jahre übersteigt, nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Somit muss Alfons Schuhbeck seine Gefängnisstrafe demnächst tatsächlich antreten.

Ist diese Strafe gerecht?

Diese Frage wird wahrscheinlich jeder für sich anders bewerten.

Das Gericht hat dabei eine bestimmte gesetzliche Prüfungsreihenfolge einzuhalten (siehe hierzu allgemein Artikel StRJ: „Wie prüft das Gericht einen Strafrechtsfall“).

Vorliegend gilt im Bereich der Steuerhinterziehung der § 370 Abgabenordnung (AO).

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§ 370 AO

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

    1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
    2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
    3. pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

    1. in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
    2. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
    3. die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
    4. unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
    5. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
    6. eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

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Das Gericht ist im Rahmen der Beweisaufnahme offensichtlich zu der Erkenntnis gelangt, dass der Angeklagte Alfons Schuhbeck den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 370 AO erfüllt hat.

Nach dieser Feststellung muss das Gericht aus dem gesetzlichen Strafrahmen die konkrete Strafe herleiten. Dabei wendet das Gericht die §§ 46 ff. StGB an.

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§ 46 Grundsätze der Strafzumessung

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,

die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,

das Maß der Pflichtwidrigkeit,

die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,

das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie

sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

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Für das Gericht spielen dabei sämtliche Umstände des Falles eine Rolle. Im vorliegenden Fall kommt es neben dem relativ hohen Hinterziehungsbetrag (2,3 Millionen Euro) auch auf die Begehung der Tat an.

Hierbei soll das Gericht dem Angeklagten eine „hohe kriminelle Energie“ (Bericht in der BILD Zeitung vom 28.10.2022, Seite 3) bescheinigt haben, weil es sich nicht schlicht um einen kaufmännischen Buchungsfehler gehandelt haben soll, sondern um eine geplante Straftat. Dabei soll Alfons Schuhbeck bei seinem IT Spezialisten ein Programm in Auftrag gegeben haben um die „Kasse“ zu manipulieren (Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 28.10.2022, Seite 3). Dieser Umstand deutet auf ein geplantes Handeln hin.

Zu Lasten des Angeklagten spricht auch, dass sein Geständnis nur scheibchenweise erfolgt ist; ähnlich der berühmten Salamitaktik. Alfons Schuhbeck soll immer nur das gestanden haben, was ihm ohnehin nachgewiesen werden konnte. Zum Beispiel hat er erst „gestanden“ nachdem sein IT Spezialist „gestanden“ hat.

Zu Gunsten von Alfons Schuhbeck spricht dagegen, dass er bereits in den Jahren 2014 in Bezug auf die „Südtiroler Stuben“ und im Jahr 2016 bezüglich des Restaurants „Orlando“ zur Steuerehrlichkeit zurückgekehrt ist, wie seine Verteidiger vorgetragen haben. Das bedeutet, dass er „aus eigenem Antrieb“ und „freien Stücken“ das System der Steuerhinterziehung aufgegeben hat. Er hätte sich hier möglicherweise mit einer „Selbstanzeige“ weitere Strafzumessungspunkte verdienen können. Dies setzt allerdings regelmäßig voraus, dass der Steuerschuldner die Steuerschulden vollständig bezahlt. Vielleicht war ihm dies nicht möglich.

Zu seinen Gunsten spricht auch, dass er möglicherweise aus finanzieller Not zur Steuerhinterziehung motiviert worden sein kann. Er hatte wohl auch keinen luxuriösen Lebensstil, er habe nicht „auf großem Fuss“ gelebt, sondern nur seine Kinder unterstützt.

Eher zu seinen Gunsten sollte auch sprechen, dass die Gastronomie ein ungewöhnlich hartes Geschäft ist mit großer Konkurrenz und extremer Arbeitsbelastung. Hinzu kommt, dass das tägliche Geschäft auch von hohen Kosten geprägt ist und insofern besonders insolvenzanfällig. Die Aufwendungen für Geschäftsraummiete, Materialeinkauf und Personal können nur bei optimaler Auslastung aufgefangen werden. Die hohe Fluktuation beim Personal erschwert die Planbarkeit des Arbeitseinsatzes.

Ein Umstand der oft in Steuerschätzungen nicht ausreichend berücksichtigt wird, ist das bei der Materialverprobung die weggeworfenen Lebensmittel nicht ausreichend berücksichtigt werden. Insoweit sind Gastronome generell von fehlerhaften Steuerschätzungen bedroht.

In der Steuerstrafverteidigung macht es meistens Sinn, neue Steuerberechnungen und Steuererklärungen vorzubereiten und bei Gericht einzureichen. Das Gericht ist gehalten den tatsächlichen Steuerschaden zu errechnen und nicht unbedingt der Auffassung des Finanzamtes zu folgen.

Zu Gunsten von Alfons Schuhbeck sollte auch der Umstand sprechen, dass seine Unternehmen durch die Coronakrise ohnehin insolvent geworden sind und er die Früchte seines Lebenswerkes ohnehin nicht ernten kann. Vielleicht wäre dies ein Ansatz für eine mildere Strafe. § 46 Abs. 1, Satz 2 StGB ließe diese Erwägung wahrscheinlich zu.

Zu Gunsten von Alfons Schuhbeck spricht auch, dass das Hauptziel seiner Tätigkeit in Kochen besteht und nicht in dem Begehen von Straftaten. Ganz anders zum Beispiel bei den gewerbsmäßigen Bandendiebstählen von Metall in Deutschland. Hier werden „Berufsstraftäter“, die nichts anderes machen als „Stehlen“ in ähnlicher Höhe bestraft.

StRJ Anmerkung: Wir kennen den Fall „Alfons Schuhbeck“ nur aus der Presse und können nur zu den dort mitgeteilten Sachverhalten Stellung nehmen und diese darstellen und bewerten.

 

Soweit erkennbar reiht sich das Urteil jedoch ein in vergleichbare Fälle von Steuerhinterziehungen durch Prominente, z. B. von Ulrich Hoeneß. Wobei im Detail sicherlich jeder Fall anders ist.

Insofern ist es wohl ein „gerechtes und richtiges Urteil“ in diesem Sinne.

Rechtsphilosophisch bleibt sicherlich immer fraglich, ob eine relativ hohe Freiheitsstrafe bei Vermögens- und Steuerdelikten in einem angemessenen Verhältnis steht zu anderen Straftaten, z.B. schweren Körperverletzungen oder gewerbsmäßigen Verbrechen einer Bande; und, ob eine Freiheitsstrafe generell die richtige Strafe bei dieser Art von Delikten ist.

Einen „Promibonus“ hat er sicherlich nicht bekommen.

Für Alfons Schuhbeck persönlich ist es ein schwerer Einschnitt im Leben und in diesem Sinne verdient er natürlich auch Mitleid. Für „Wirtschaftsstraftäter“ ist der Gang in den Justizvollzug in der Regel besonders schwer, weil das Leben im Gefängnis von vielen Elementen (Gewalt, Willkür, extremer Verzicht, Entwürdigung, etc.) geprägt wird, die dem Lebensalltag dieser Personen nicht entsprechen. Dabei kann die eigentlich gewollte Strafwirkung oft zu einer unverhältnismäßigen Traumatisierung führen. Eine Freiheitsstrafe schießt hier oft in der Wirkung weit über das Ziel einer angemessenen Bestrafung und anschließender Resozialisierung hinaus. Von diesen Tätern geht auch in der Regel keine Gefahr für die Gesellschaft aus. Anders als bei anderen körperbezogenen Delikten. Neidmotivierte Schadenfreude bei prominenten Wirtschaftsstraftätern und der schnelle „Wunsch“ nach „Gerechtigkeit“ durch Freiheitsentzug sind hier nicht angebracht. Insoweit bleibt zu hoffen, dass Alfons Schuhbeck die Strafe „unversehrt“ übersteht.

Ein gastronomisches Imperium und Lebenswerk wurde eingerissen. Vielleicht bekam es auch schon früher Risse, die Alfons Schubeck nicht mehr heilen konnte.

Seinem Ansehen als liebevoller witziger und außergewöhnlicher Starkoch sollte dieser Riss jedoch keinen Abbruch tun.

Alfons Schuhbeck ist und bleibt ein Starkoch. … und kommt hoffentlich nach Verbüßung der Strafe zurück.

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